Paprikapulver und Pflanzenschutzmittel? Herkunft und Produktionsbedingungen stärker in den Fokus rücken
Paprikapulver und Pflanzenschutzmittel? Herkunft und Produktionsbedingungen stärker in den Fokus rücken
Ende Mai veröffentlichte Greenpeace eine Presseaussendung zum Thema „Pestizide in Lebensmitteln“, in der vor „bedenklichen Pestizid-Cocktails im Paprikapulver“ gewarnt wurde. In österreichischen Supermärkten wurden 13 Proben entnommen – in allen wurden Rückstände von Pflanzenschutzmitteln festgestellt. Laut Greenpeace handelte es sich dabei auch um Substanzen, die in der EU verboten sind und als gesundheitsgefährdend gelten. Diese werden teilweise mit Nervenschäden, Hormonstörungen oder Beeinträchtigungen der Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht. Greenpeace fordert daher strengere Kontrollen sowie ein generelles Verbot derartiger Pestizide in Lebensmitteln.
Das Thema Pflanzenschutzmittel ist ein sehr komplexes. Aktuell kämpfen viele Betriebe in Österreich mit der sinkenden Verfügbarkeit zugelassener Mittel und tun sich häufig schwer Gemüse in Österreich überhaupt noch zu produzieren. Es zeigt sich immer deutlicher: Nicht nur außerhalb der EU, sondern sogar in Nachbarländern stehen den ProduzentInnen deutlich mehr Wirkstoffe zur Verfügung als in Österreich. Umso größer ist das Unverständnis, dass weiterhin – ohne nennenswerte Einschränkungen – Produkte nach Österreich importiert werden dürfen, die unter Bedingungen erzeugt wurden, die hierzulande längst unzulässig wären. Die PSM-Rückstände im Paprikapulver sind ein gutes Beispiel dafür. Ein Blick auf das Frischgemüseangebot zeigt, dass auch während der heimischen Saison immer mehr Ware aus Drittstaaten – etwa Marokko – in die Regale kommt. Noch drastischer ist die Situation im Bereich der Verarbeitung, wo der Preisdruck auf Rohstoffe noch mal höher ist.
Am Beispiel Paprikapulver wird deutlich, wie billig die Rohstoffe die in der Verarbeitung zumindest zum Teil eingesetzt werden sind und wieso die heimische Produktion damit nicht in Frage kommt: In dem erwähnten Greenpeace-Bericht war auf der Titelseite ein „Edelpaprikapulver“ von S-Budget abgebildet – 140 g Paprikapulver kosten dort 1,40 €, das entspricht 10 €/kg. Für die Herstellung von einem Kilogramm Paprikapulver werden rund 10 kg Frischpaprika benötigt. Der Paprika, der für die Verarbeitung verwendet wird, unterscheidet sich selbstverständlich deutlich von jenem für den Frischmarkt – sowohl hinsichtlich der Sorten als auch der Produktionsschritte wie etwa der Ernte. Zur Veranschaulichung dennoch folgendes Beispiel: Der derzeit günstigste Clever-Paprika bei einer anderen Handelskette kommt aus Marokko und kostet 4,58 €/kg. Allein der Rohstoff für die Produktion von 1kg Paprikapulver würde also bei heimischer Produktion über 45 € kosten – das Endprodukt wird jedoch um ein Fünftel dieses Preises angeboten.
Wie gesagt, die Art der Produktion und die Qualität der Verarbeitungsware unterscheidet sich deutlich von der vom Frischmarkt. Trotzdem fallen auch bei der Verarbeitung zusätzliche Kosten an – wie z.B. für den Prozess der Trocknung. Der entscheidende Punkt wieso Paprikapulver trotzdem so günstig verkauft wird: Die in der Verarbeitung eingesetzten Rohstoffe stammen in den meisten Fällen aus Drittländern, wo hinsichtlich Pflanzenschutz, Wasserverbrauch oder Arbeitsbedingungen Standards gelten, die mit jenen in der EU nicht vergleichbar sind – und oft weit darunter liegen.
Die Verarbeitung ist für den heimischen Gemüsebau wichtig, weil sie eine sinnvolle Verwertung von Rohware zweiter Qualität ermöglicht. Allerdings sind viele der heute verarbeiteten Rohstoffe – sei es in Ketchup, Fruchtsäften oder Marmeladen – längst nicht mehr regional. Daher unser Appell: Bitte auf die Herkunft achten – sofern sie überhaupt ausgelobt ist. Unsere Forderung bleibt klar und aufrecht:
Für eine bewusste Kaufentscheidung braucht es eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung – auch bei verarbeiteten Produkten.